Die Küste des Schweigens

Abenteuerlust und die Suche nach neuen Pflanzenarten treiben uns seit Jahren an. Doch manche Expeditionen sind mehr als nur wissenschaftliche Entdeckungsreisen – sie sind Reisen ins Unbekannte, geprägt von Herausforderungen und magischen Momenten. Genau so war es bei unserer Erkundung des Cap Manambato im Jahre 1992.

Aloe capmanambatoensis

Das Ziel, ein Berg an der Ostküste Madagaskars

Unser Freund John Lavranos erzähle uns, dass ein Segler im Jahre 1955 an der Ostküste von Madagaskar an Land gekommen ist und von einem Berg berichtete, auf dem Aloen wuchsen. Aloen an der Ostküste Madagaskars?  Da von dort keine Arten bekannt waren, haben wir uns entschieden, diesen Berg zu besuchen. In Diego Suarez konnten wir einen uralten Willis-Jeep mieten, der in einem bedenklich desolaten Zustand war. In der Morgendämmerung starteten wir von Ambilobe in Richtung Vohemar. Die 160 km lange Piste war in einem derart fürchterlichen Zustand, dass wir 12 Stunden bis zu unserem Ziel benötigten.

Eine Überfahrt ins Ungewisse

Unser kleine Boot

Zu unserem Erstaunen fanden wir ein kleines Hotel aus der Kolonialzeit mit einem freundlichen Hotelier. Wir fragten ihn, wie wir wohl zu diesem Berg kommen könnten, und er schlug uns vor, mit seinem Boot dorthin zu gelangen. Gesagt getan, am nächsten Morgen früh ging es los und wir konnten innerhalb des Riffes bei Flut die Küste hochfahren, bis wir eine Bucht vor dem Berg erreichten, die eine Landung zuliess. An Land erklärte unser Bootsführer, dass wir hier einen heiligen Ort betreten und das Sprechen somit verboten sei. «Fahdy».

Eine Pflanzenwelt wie aus einer anderen Zeit

Am Dokumentieren des Naturstandortes

Schweigend wanderten wir der Küste entlang Richtung Norden, wo sich die höchste Spitze des Berges zeigte und uns eine sensationelle Vegetation erwartete. Schnell erkannten wir auf den Felsen direkt am Meer neue Pflanzenarten.

Es handelte sich um zwei Aloe-Arten und dazu noch eine Euphorbia, die noch nicht beschrieben war. Die eine Art wurde 1994 von unserem Freund John Lavranos wissenschaftlich veröffentlicht. Sie bekam wegen ihrer Zerbrechlichkeit den Namen Aloe fragilis. Die zweite neue Aloe-Art und die neue Euphorbia wurden von Werner Rauh 1995 beschrieben und veröffentlicht. Diese beiden Arten bekamen den Namen des Fundortes. Aloe capmanambatoensis und Euphorbia capmanambatoensis.

Euprbia capmanambaotoensis
Aloe fragilis

Ein unvergessliches Abenteuer

Die Rückreise war dann das finale Abenteuer: Da es bereits Abend war und die Ebbe eingesetzt hatte, war es nicht mehr möglich, im Schutze des Riffes zurückzufahren. Wir hatten die Wahl, am Cap Manambato zu übernachten oder ausserhalb des Riffes auf dem Indischen Ozean die Rückreise anzugehen. Wir entschieden uns für das Zweite und befanden uns unvermittelt in einem bedrohlichen Wellengang. Auf den Wellenbergen konnten wir kurz die Küste erkennen, abgetaucht in den Wellentälern waren wir rundum von dunklem Wasser umgeben und eine permanente Gischt brach über uns herein. Das war einer der Momente, wo wir uns fragten, ob wir doch zu viel gewagt hatten. Nach 5 Stunden durchgenässt und durchfroren, erreichten wir spät nach Mitternacht den Hafen in Vohemar und waren glücklich, dieses Abenteuer heil überstanden zu haben.

Unsere Neugier hat uns wieder einmal an einen Ort geführt, der zuvor für die Botanik unbekannt war.

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